Betrachtung durch den Experten für Positionierung und exklusive Entscheider-Coachings Christoph Heller.
Die Apple Watch ist da. Pompös und in großem Stil inszeniert präsentierte die Führungsriege von Apple ihr lang erwartetes „Wearable“. Die neue Säule des Branchenriesen nach dem Mac, dem iPhone und dem iPad - und wieder wird es ein Erfolg. Warum? Die Antwort darauf geben wir Ihnen in den nächsten Zeilen. Ob unabsichtlich oder wahrscheinlich eher strategisch geplant, bei Apple wird Vieles richtig gemacht. Was genau? Ein Blick mit den Augen eines Positionierungsexperten gibt aufschlussreiche Erkenntnisse.
Das Vorher
Apple ist seit der Schaffung des Tablet-Marktes mit dem iPad und seit dem frühen Tod des Apple Gründers Steve Jobs trotz fehlender Innovation erfolgreicher denn je. Allerdings mehrten sich die Stimmen, dass genau das was Apple unter Anderem ausmacht - die Innovation - ohne Steve Jobs verloren ging. So geriet die Mannschaft rund um Tim Cook und John Ive unter Zugzwang. Beim iPod hatte Apple einfach auf einen noch nicht besetzten Markt (tragbare digitale Musik) gesetzt und mit innovativen Produkten und cleveren Marketingsprüchen „1000 Songs in Deiner Hosentasche“ mehr als nur gepunktet. Nun verlangt der Markt nach einem „Wearable“ von Apple - und zwar im im bekannten Apple Stil: Innovativ, einzigartig, intuitiv und großartig präsentiert. Der Druck auf Apple ist spürbar gestiegen. Das Unternehmen selbst schweigt wie immer eisern dazu, arbeitete aber im Stillen seit mehr als 2 Jahren am nächsten wegweisenden Produkt. Dazu ist wichtig zu wissen, dass neue Innovationen keinen Zyklus von einzelnen Jahren haben, sondern eher 5 Jahre und mehr. Daher ist hier aus gesamtstrategischer Sicht keine fehlende Innovation von Apple zu erkennen. Vielmehr zieht das Unternehmen die eigene Linie konsequent durch und nimmt sich die Zeit, um Innovation auch sinnvoll in ein neues Produkt zu integrieren.
Der Markt
„Wearables“ sind DER nächste große globale Markt. Computer, MP3-Player, Smartphones, Tablets, all diese Märkte sind besetzt. Innovationen fehlen. Wachstum ist aktuell nur noch in „Sekundärländern“ möglich. Es herrscht Verdrängung, der Spassfaktor wird geringer und die Produkte haben nicht mehr den Kult wie noch vor einigen Jahren. Innovationen werden derzeit vom Markt in der Verschmelzung von Technik und dem normalen Alltag eines Menschen erwartet. Smart Homes sind noch nicht sexy genug, es muss etwas her, das sich voll in den Alltag eines Menschen integrieren lässt und darin vollständig aufgeht. Die „Wearables“ - also tragbare Computer, die während der Benutzung am menschlichen Körper befestigt sind - haben enormes Potential. Fitness Armbänder und dedizierte Chips für Bewegungsmessung sind die ersten Schritte für „in-den-Alltag“ integrierte Computerlein. Smarte Uhren wie z.B. von Samsung haben bereits einen ersten großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Der Markt wartet aber auf das Produkt des Unternehmens, das am meisten mit seiner Innovationskraft Bekanntheit erlangt hat - Apple. Der Markt wartet, um das vermeintlich beste Produkt zu kaufen oder auch nur nur um es mit anderen Produkten zu vergleichen, um festzustellen, dass das Apple Produkt zwar cool und sexy ist, aber im Vergleich zum Wettbewerb sehr teuer.
Die Location
Das Flint Center ist nicht irgendein Ort, um Produkte vorzustellen. Es ist DER Ort schlechthin für die wichtigsten Meilensteine von Apple. 1984 stellte Steve Jobs dort den iMac vor. 1998 dann den iMac, der die Wiederaufstehung der Marke Apple nach einer langen Durststrecke bedeutete. Und eben jetzt den neuesten Meilenstein, die Apple Watch.
Das „One more thing…“
Der Spruch ist legen… - Achtung es kommt gleich - …där. Steve Jobs hat ihn quasi erfunden und instrumentalisiert. Die „coolen“, ganz besonderen Produkte wurden bei Steve Jobs immer mit einem „But there is one more thing…“ angekündigt. So hat er die berühmte Phrase nicht weniger als 20 mal für Apples Produkte verwendet (Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Stevenote). Einmal wurde sogar eine Pressekonferenz danach benannt - 2005 bei der Ankündigung des iPods der fünften Generation mit Videofunktion. Apple Fans und der Markt warten seither auf das nächste „one more thing…“. Tim Cook hat den Spruch in seiner Amtszeit als CEO bei Apple bislang - vermutlich sehr bewusst - nicht verwendet. Bei der Präsentation der Apple Watch hat er es getan. Und es hat ihn merklich selbst bewegt. „One more thing…“ ist eines der deutlichsten Zeichen und eines der besten Mittel, um die Apple Produkt auch für Apple selbst als Meilenstein zu positionieren - das neue große Produkt, auch für das eigene Unternehmen.
Das Produkt Apple Watch
Wenn wir schon beim Produkt sind. Das Produkt positioniert sich durch Apples Innovationen selbst am oberen Ende der Erfolgsskala. Das Nutzererlebnis steht bei Apple immer noch im Vordergrund, daher finden sich in der Apple Watch zwar Funktionen, die es beim Wettbewerb bereits gibt, jedoch geht das Team von John Ive noch den typischen Apple Schritt weiter. Beispielsweise durch eine neue Art und Weise, wie man Informationen an den Menschen weitergibt - das Taptic System. Es hat schon seinen Charme, wenn die Uhr durch haptische Signale den Arm informiert, ob man bei einer Navigation links oder rechts gehen soll. Ebenso macht die Messung des Pulses jede weitere Pulsuhr überflüssig. Dazu kommt auch noch eine neue - sehr werbewirksame Art - der Social Media Kommunikation. Ob das Versenden des eigenen Herzschlags per Apple Watch an Freunde so intensiv genutzt wird, werden wir sehen. Für eine Positionierung als innovatives Produkt ist das aber natürlich ein wichtiges Feature.
Der Nutzen für den Kunden
Positionieren heisst, für bestimmte konkrete Dinge zu stehen. So steht z.B. Microsoft für „PCs in jedem Haus“ und für „Officesoftware“. Damit war Bill Gates unglaublich erfolgreich. Was aber jahrelang das Maß der Dinge war, kränkelt heute, da der Nutzen dieser Positionierung und der dafür erzeugten Produkte überholt ist. Player wie Google, Samsung und auch Apple laufen Microsoft langsam aber sicher den Rang ab. Sie sind besser positioniert - zielen voll auf den Nutzen der Kunden ab. Um bei Apple zu bleiben: Die intuitive Nutzung von digitalen Geräten und die „smarte“ Integration in den Alltag der Menschen der Fokus von Apple - ein Top-Nutzererlebnis bis zur letzten Konsequenz abgestimmt auf Mensch UND Hardware - „it simply works“. Der Werbespruch von Apple wird von jedem Mitarbeiter gelebt. Was Apple technisch produziert, können viele andere Unternehmen auch - Apple perfektioniert die Nutzung und positioniert sich daher als Unternehmen mit dem besten Nutzererlebnis bei seinen Produkten. Nicht zuletzt darüber, dass es die Uhr für Frauen und Männer in verschiedenen Größen, Farben und Armbändern gibt. Positionierung über den Nutzen als Schmuckstück. So sichert man sich noch „die Frauen“ als zusätzlichen Markt über deren Modebewusstsein.
Der Name
Medien genau so wie einzelne User haben Online und Offline seit Monaten über den Namen spekuliert und alle haben sich auf den Namen „iWatch“ eingeschossen. Sämtliche Onlinestudien auf Youtube, sämtliche Veralberungsvideos, sowie alle Medien, Spekulanten usw. waren überzeugt, dass der Name „iWatch“ lauten wird. Apple nutzt den Effekt der Positionierung durch Überraschung und Simplifizierung und nennt die Uhr eben einfach mal „Apple Watch“. Auf der einen Seite ein großer AHA-Effekt - „was, nun doch nicht iWatch? - auf der anderen Seite die knallharte Simplifizierung auf „Apple“ und „Watch“ - DIE Uhr von Apple. Nicht mehr und nicht weniger. Samsung setzt auf den langen Namen „“Smartwatch Samsung Galaxy Gear“, Apple nennt seine Uhr einfach „Apple Watch“. Warum kompliziert wenn es auch einfach geht? Keep it simple - really simple. Simplifizierung nicht nur bei der Benutzung, sondern auch beim Namen. Gepaart mit einem unerwarteten Überraschungseffekt - eine gelungene Positionierung.
Die Inszenierung des Produkts
Hier macht Apple seine klassischen Hausaufgaben, für die Apple bekannt ist. Kaum Informationen vorab, nur unklare Informationen und vage bzw. unscharfe Bilder aus irgendwelchen Hinterhofwerkstätten. Es dringt nichts durch, was wie immer zu den unterschiedlichsten Spekulationen führt. Dazu diesmal noch eine Steigerung durch den komplett in weiß gehüllten Gebäudeblock vor dem Flint Center. Positionierung über - „was geheim ist muss bedeutungsvoll sein“. Das steigert Verlangen und Interesse. Dazu noch ein Rahmenprogramm das - man muss es sagen - spektakulär aufgezogen wurde. Der Release des neuen iPhones als Nebenkriegsschauplatz - das ist, wie wenn die Rolling Stones eine Vorband wären. Die Veröffentlichung des neuen U2 Albums, das ganz nebenbei auch noch 500 Millionen iTunes Usern vollständig kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Alles Superlativen, die durch die Präsentation der Apple Watch zur Zweitstory werden. Positionierung als Superlativ.
Das Nachher
Wer geglaubt hat, die Apple Watch komme in den nächsten Tagen auf den Markt, der hat noch nichts über die Positionierung eines raren Produkt gehört. Künstliches „Rar-Machen“ steigert das Verlangen und schafft Evangelisten. Evangelisten sind absolute „Jünger“ einer Sache oder eines Produkts. Sie wollen die Ersten sein, die die „Apple Watch“ in Händen halten. Sie agieren und kommunizieren immer im Sinne von Apple, sind Multiplikatoren der Philosophie und erzählen Jedem der es hören und auch nicht hören will, das die Apple Watch das Beste auf dem ganzen Planeten ist. Nur damit sie selbst für sich Ihre Leidenschaft legitimieren können. Ein grandioses Konzept. Apple verzichtet damit freiwillig auf das kommende Weihnachtsgeschäft. Die Kunden haben ja die Möglichkeit, solange ein iPhone 6 zu kaufen. So sind sie optimal auf die „Apple Watch „vorbereitet. Und Vorfreude ist bekanntlich die beste Freude. Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Die „Apple Watch“ ist optimal positioniert
Apple hat alles richtig gemacht. Die Apple Watch ist ein innovatives Produkt und nach allen Regeln der Kunst positioniert. Steve Jobs „one more thing…“, das Flint Center, der Keynoterahmen mit Superlativen wie dem kostenlosen U2 Album und dem fast zweitrangigen iPhone 6 Release, der clever gewählte Name und alle weiteren Beispiele werden dafür sorgen dass sich die Apple Watch wie geschnitten Brot verkaufen wird. Viele Funktionen sind die Basis künftiger Möglichkeiten, daher darf sich Apple auf dem kommenden Erfolg nicht ausruhen. Und die Konkurrenz wird nicht schlafen…
Es schreibt für Sie:
Christoph Heller, PMP
Experte für Positionierung und exklusive Entscheider-Coachings
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